Organisation ist alles – GTD, die dritte Phase

In unserer kleinen Serie zu »Getting Things Done«, der Selbstmanagement-Methode von David Allen, wurden die Phasen 1 (Sammeln) und 2 (Abarbeiten) bereits besprochen. Jetzt geht es um den dritten der fünf Abschnitte: das Organisieren der Eingangsbox.

Kriterien des Handelns

Die eigene, ganz private Ablage ist das Herz jeder Selbstorganisation. Das dafür gewählte System ist für den Erfolg der gesamten Methode entscheidend. Dabei liegt die Betonung auf privat. Jedes Ablagesystem ist individuell und von einer Vielzahl an Faktoren abhängig. Hier gibt es ein keinen starren Leitfaden – und damit auch keine strikte Anweisung, wie dieses auszusehen hat.

Das „System meines Vertrauens“

Das individuelle Ablagesystem muss so aufgestellt sein, dass es alle wichtigen Notizen und Aufzeichnungen aufnimmt und ich diesem System damit mein zweites Gedächtnis anvertraue. »Trusted System« nennt David Allen dies. Außer diesem System darf es kein zweites geben. Es ist also einzig und – hoffentlich – vollständig. Nur dann ist ein Vertrauen machbar, welches das eigene Gedächtnis entlastet.

Ganz entscheidend dabei ist der Aufbau dieses Systems. Wir alle kennen die Schwächen unzähliger Notizzettel mit unterschiedlichsten Aufgabenlisten, die man nie wieder findet. Zumindest nicht dann, wenn sie benötigt werden.

Wie viele Ablagen braucht der Mensch?

Ziel des eigenen Managements ist es, Dinge einfacher und schneller erledigen zu können. Wenn möglich auch noch besser. Wir bereiten uns zum aktuellen Zeitpunkt also auf Phase 5 von GTD, dem Abschluss von Aufgaben und Pflichten, vor. Genau auf diesen Punkt fokussiert, muss das System entsprechend konfiguriert sein.

 

Die schlechte Nachricht: im ersten Anlauf ist ein solches System meist nicht optimal und muss im Lauf der Praxis sicherlich angepasst werden. Die gute: der Hausverstand und ein analytischer Blick in die Vergangenheit reichen aus, um ein erstes gutes Setup zu erstellen. Dazu dient letztlich auch dieser Artikel.

Die Wahl der Mittel

Ein erster Ansatz der Analyse sollte der Blick auf den eigenen Schreibtisch sein. Welche Hilfsmittel nutzen Sie bereits jetzt, um Aufgaben nicht zu vergessen und Informationen wiederfinden zu können? Sind Sie eher der traditionelle Typ mit Notizblock, (schönem) Kugelschreiber, einer Ansammlung von Ordnern und einer beschrifteten Ablage? Oder gehören Sie eher zur Geek-Fraktion mit Notebook, Tablet und Smartphone? Die meisten werden eine Kombination aus analoger und digitaler Ablage nutzen. Letztlich ist hier keine Präferenz zu setzen – außer der eigenen Effizienz. In GTD-Manier bedeutet dies: einzige Bedingung ist, dass es sich um ein logisches System handelt. Prüfen Sie kurz, ob sich in Ihrem individuellen System die Phase 2 von GTD vollständig abbilden lässt. Sollten Sie sich dabei ertappen, dass Sie „einmal so“ und „dann wieder dort“ ablegen, dann heißt es das eigene System überarbeiten.

Zeit zum Handeln

Ein zentraler Punkt der Organisation jener Masse an Informationszufluss ist die Frage des Handelns. Jede E-Mail, jeder Brief und jede mündliche Information ist auf diesen Punkt zu prüfen. Der Frage „Worum geht es?“ ist nur auf den ersten Blick trivial. Die richtige und vollständige Antwort beinhaltet aber sämtliche Kriterien der Einordnung. „Was bedeutet das für mich?“ sollte die zweite zu klärende Frage sein.

Etwas konkreter: jeder Maileingang stellt den Empfänger vor diese Frage. In vielen Fällen wird die Antwort ein Löschvorgang sein. Manchmal wird ein Eintrag im Kalender die richtige Folgerung sein. Und ein anderes Mal wird aus dem Eingang ein wichtiges Element eines Projekts. Die möglichen Entscheidungen sind vielfältig. Für Phase 3 von GTD gilt: jetzt ist eine Entscheidung zu treffen!

Aktivität, Referenz oder Termin

Effizienter Arbeiten bedeutet, die notwendigen Handlungen (rechtzeitig) vorzunehmen. Die »Collect«-Phase von GTD ermöglicht es, nichts Wichtiges zu übersehen oder zu vergessen. Die »Organize«-Phase ringt uns für jedes einzelne gesammelte Element eine Entscheidung ab: „Ist was zu tun?“. Wenn ja, so erfolgt die Einordnung in den passenden Ordner – digital oder analog.

Aber selbst, wenn kein unmittelbarer Handlungsbedarf aus einem Eingang resultiert, so kann dieser durchaus von hohem Wert sein. Ist die Information wertvoll, aber zeitlich nicht einzuordnen, so wandert der Inhalt in die „Referenz“ oder Wissensablage. Eine andere Variante wäre: es gäbe zwar eine notwendige Handlung, der Zeitpunkt dafür ist aber ungewiss. Beispiel: Sie planen „irgendwann“ eine Reise nach Barcelona. Hierfür ist die Ablage „Someday“ bestimmt.

Projekte und der Kontext

Der gewichtigste Umfang einer Ablage ist mit Sicherheit zur Abwicklung von Projekten gedacht. GTD unterscheidet bekanntlich nicht zwischen privaten und beruflichen. Wozu auch? Beides ist wichtig – nur an unterschiedlichen Orten. Für bestimmte Projekte ist sicherlich ein bestimmter Ordner (oder mehrere) angebracht. Diverse Kleinprojekte werden „unter einem Hut“ gemeinsam abgelegt. Spezielle Trennblätter bringen im analogen Umfeld dieselbe Wirkung wie eine Beschlagwortung in digitalen Ablagen.

Die wichtigste Umstellung im privaten Management-Alltag stellt das GTD-System hier: die Kategorisierung von Aufgaben erfolgt in Kontexten. Schluss mit unendlichen To-Do-Listen, die ohnehin niemand aufarbeitet. Die Aufschlüsselung wird nach den Orten und Hilfsmitteln der Erledigung untergliedert.

Die Beschlagwortung in Kontexten ermöglicht es, Dinge zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort abzurufen. Beispiel: „Zuhause“, „Büro“, „Telefon“, „Computer“ sind nur die gängigsten solcher Kontext-Schlagwörter. Bereits jetzt sollte aber das Prinzip klar(er) sein. Einmal richtig eingeordnet, können Sie im Büro alle notwendigen Aktivitäten einfach aus dem gesamten Bestand herausfiltern. Je nach Bedarf erfolgt hier eine feinere Unterteilung der Kontext-Kategorien. Haben Sie in Projekten immer mit bestimmten Personen zu tun, so macht es vielleicht Sinn, jeder dieser „entscheidenden“ Personen ein eigenes Schlagwort zu widmen. Im nächsten Meeting oder einer Telefonkonferenz werden Sie keinen offenen Punkt mehr vergessen.

Wie viele Listen braucht der Mensch?

Eine Schwierigkeit im praktischen Aufbau des individuellen GDT-Systems besteht in der richtigen Anzahl von Listen. Auch hier gibt es keine starren Richtwerte. Weniger ist oft mehr, zu wenig aber ineffizient. Listen und Schlagwörter tendieren sehr rasch zur Vermehrung. Starten Sie mit einigen wenigen und verfeinern Sie diese nach Bedarf. Eine Überarbeitung von Zeit zu Zeit ist aber auch hier notwendig.

 

Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn Sie oft unterwegs sind (Flugzeug oder Bahn), so ist wahrscheinlich ein spezieller Kontext „Unterwegs“ sinnvoll. Hier finden Sie dann ohne Aufwand alle Materialien, die Sie schon immer mal durcharbeiten wollten. Tipp am Rande: Online-Links sollten zuvor in vollständige Artikel eingelesen werden. „Pocket“ und/oder Evernote (Clearly) machen Sie von ständigen Onlineverbindungen unabhängig.

„Sauber“ arbeiten

So individuell Sie Ihr GTD-System auch gestalten sollten, es gibt jedoch einige Richtlinien, die Sie beachten sollten. Ansonsten landen Sie auch auf diesem Weg wieder im Listen-Chaos.

  • Trennen Sie handlungsfähige Einträge von anderen Notizen.
    »Next Action?« ist die ultimative Frage bei jedem Element, das zur Einordnung ansteht. Nur wenn Sie diese Frage beantworten und die notwendigen Einträge im GTD-System vornehmen, werden Sie Ihr Ziel erreichen: die Aufgabe abzuschließen.
  • Aufgaben mit Terminen gehören in den Kalender.
    Steht ein Zeitpunkt fest um eine Aufgabe zu erledigen, so tragen Sie diese in den Kalender ein („Morgen Vormittag Präsentation erstellen“). Damit halten Sie nicht nur das Zeitfenster frei, sondern verpflichten sich auch, diese Zeit dafür zu nutzen. Aufgaben ohne festen Termin (noch zu organisieren) gehören in die entsprechende GTD-Liste. Eine Beschlagwortung „Heute“ / „Demnächst“ macht hier Sinn.
  • Legen Sie für wichtige Projekte (oder Kunden) spezielle Ordner und Beschlagwortungen an.
    Oft sind es Informationen, die zufällig die Aufmerksamkeit erreichen. Nur für einen Moment. Diese landen im GTD-Ordner „Referenz“. Nicht selten können diese Informationen für ein Projekt aber wertvoll sein. Ein Schlagwort mit dem Namen des Kunden oder des Projekts lässt Sie diese Information aber auch später wieder zielgerichtet auffinden.
  • Delegation und Nachverfolgung.
    Als Verantwortlicher für ein Projekt oder eine Arbeitsgruppe kann es sinnvoll sein, delegierte Aufgaben zur Nachverfolgung unter einem Stichwort festzuhalten. Meist reicht hier der Name des Zuständigen. Bei der kommenden Projektbesprechung werden Sie davon profitieren.
  • Die Arbeitsliste.
    Verändern Sie Ihr Verständnis von Listen. Ersetzen Sie vielmehr die gewohnten Aktivitätslisten durch einen Container mit Kategorien, Stichwörtern und Erinnerungen.
  • Arbeiten Sie in Einzelschritten.
    Kein Projekt wird als gesamtes abgearbeitet, sondern immer zuvor in Einzelschritten zergliedert. Nur diese bilden handlungsfähige Elemente. „Was ist zu tun?“ bestimmt die Einträge und Abschnitte des Eintrags.
  • Wiedervorlagen.
    Eine Wiedervorlage, die immer wieder verschoben wird, ist ein Indiz dafür, dass Sie es versäumt haben, den richtigen Ordner und Kontext zuzuordnen. Benutzen Sie diese Erinnerungen nicht für Aufgaben sondern für Termine. Die Abarbeitung von Aufgaben sollte keinerlei Erinnerung bedürfen – so Ihre Kontext-Einträge vollzählig sind.
  • Keine „Sonstiges“-Liste.
    Dies ist der Anfang vom Ende – oder der Rückfall in alte (schlechte) Gewohnheiten. Eine Zuordnung ist ein Muss. Die Einführung einer Liste „Sonstiges“ – oder auch nur die Versuchung – sollte einen Alarm auslösen. Hier werden keine Entscheidungen getroffen.

Digital oder Analog

Wir bereits ausgeführt, ist die Anwendung der „Getting Things Done“-Methode völlig unabhängig vom Einsatz digitaler Hilfsmittel. Zweifellos können Programme, Cloud-Dienste und Smartphone-Apps die Anwendung aber wesentlich erleichtern. Speziell zwei Punkte sprechen für einen (zusätzlichen) Einsatz von Notebook, Handy und Co.:

  1. Jederzeit dabei
    Bestimmte Teile des gesamten GTD-Ablagesystems müssen zum richtigen Zeitpunkt zur Hand sein (Beispiel: Meeting, Telefonat, Einkauf). Hier ist ein digitaler Container, welcher über alle genutzten Geräte hinweg – Stichwort „Cloud“ – verfügbar ist, von unschätzbarem Wert. Egal für welches System sich hier entscheiden (Sharepoint, Evernote, Dropbox): Prüfen Sie es auf Tauglichkeit für Ihre Ansprüche.
  2. Multi-Kontext
    Speziell bei einer komplexeren Beschlagwortungsmethode kommt die analoge Anwendung – der Notizblock und der Ordner – schnell an seine Grenzen. Ohne damit den Einsatz von diversen Notizvarianten in Frage stellen zu wollen: die digitale Umsetzung bietet ein Vielfaches an Spielraum. Vor allem in der Entwicklungsphase des GTD-Systems sind Papierablagen nur schwer anzupassen.

Einfach loslegen

Zugegeben, die Anforderungen, Warnungen und Hinweise klingen letztendlich nicht gerade auffordernd, dieses „GTD-Zeugs“ auch mal zu testen. Letztlich gleicht die Herangehensweise aber einem bekanntem Procedere: eine neue Gewohnheit trainieren. Dieser Lernprozess scheint anfangs kompliziert. Bereits nach wenigen Wochen ist die neue Form des Selbstmanagements aber genauso intuitiv im Alltag wie heute Ihr altes „Notizmanagement“.

 


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